In diesem Artikel versuche ich die Unterschiede der zweiten Edition des Warhammer Fantasy Rollenspiels mit der vierten herauszustellen. Der Artikel richtet sich also an Leute, die mit der zweiten Edition vertraut sind.
Die vierte Edition ist seit 2019 bei Ulisses Spiele erhältlich (dämlicherweise hat Ulisses im Shop nur eine Kategorie für "Warhammer" man findet dort also auch Produkte zum Warhammer 40.000 Rollenspiel "Wrath & Glory".
Editionsüberblick
Einen Überblick über die Editionen findet Ihr im Wikipedia-Artikel. Da muss ich hier jetzt nicht das Rad neu erfinden.
Die Unterschiede zwischen zweiter und vierter Edition
Beim Entwurf der vierten Edition wollte Cubicle 7 nach eigenem Verkünden wieder zurück zum Regelsystem der ersten und zweiten, nur besser. Dies ist aus meiner Sicht gelungen. Als Regelbasis für die Weiterentwicklung diente offensichtlich die zweite Edition.
Neue Spielwerte:
(Bei Spielwerten handelt es sich in der Nomenklatur von WFRP um das, was in anderen Spielen oft als Attribute bezeichnet wird, also Stärke, Charisma usw. Der Begriff Attribute wird bei WFRP hingegen für die Spielwerte plus alle Schicksalspunkte, Lebenspunkte usw. verwandt, S. 33 Grw.)
In der zweiten Edition hat man den Gewandtheitswert verwendet für körperliche Gewandtheit, Fingergeschick und die Kampf-Initiative. Offenbar wurde dieser Wert als zu mächtig erachtet und daher in drei Spielwerte aufgeteilt.
Zähigkeit und Mut (S.179 Grw.)
Zusätzlich zu Schicksalspunkten und Glückspunkten, die im Grunde funktionieren wie vorher, wurden mit Zähigkeit und Mut weitere „Gummipunkte“ eingeführt. Genau wie bei Schicksal/Glück hängen die Werte zusammen, Du kannst nur so viele Mutpunkte haben, wie Du Zähigkeitspunkte hast. Mit Zähigkeitspunkten kannst Du Mutationen widerstehen oder Wurfergebnisse festlegen. Mit Mut temporär verschiedene Effekte ignorieren. Zähigkeit zu regenerieren ist ähnlich schwer wie einen Schicksalspunkt zu erhalten, während ein Mutpunkt deutlich schneller wiederkommt. Hierzu muss der Charakter einer vorher festgelegten Motivation folgen, ein Anreiz zum Rollenspiel.
Mehr dazu hier: http://www.pnprpg.de/2019/10/wfrp-motivation.html
Karrieresystem
Die Veränderungen hatte ich in diesem Artikel bereits einmal angesprochen:
http://www.pnprpg.de/2021/04/wfrp4-deutsch-multiclassing.html
Ich werde sie aber der Vollständigkeit hier nochmal listen:
Im Vergleich zur zweiten Edition wurden ein paar Veränderungen an dem Karrieresystem vorgenommen, die ich durchweg gut finde, da sie den Erfahrungspunktestau der zweiten Edition beheben. Dort konnte es dazu kommen, dass man aufgrund beispielsweise eines fehlenden Ausrüstungsgegenstands nicht aufsteigen konnte. Mein Vampirjäger zum Beispiel brauchte eine Repetierarmbrust um Hexenjäger werden zu können. Und da ich keine fand, sammelte ich 1500 Erfahrungspunkte, ohne aufsteigen zu können. Bis ich sie endlich hatte - dann konnte ich auf einen Schlag gleich bis zur Hälfte der neuen Karriere steigern. Totaler Mumpitz. Folgendes wurde geändert:
- Fähigkeiten und Eigenschaften der aktuellen Karrierestufe können nun "endlos" gesteigert werden, auch ohne aufzusteigen.
- Jede Karriere hat nun vier Stufen (siehe Bilder unten), die im Grunde ähnlich zu einem Wechsel zu neuen Karrieren sind, nur mit dem Unterschied, dass innerhalb der Karriere weiterhin Zugriff auf die Fähigkeiten der Vorgängerstufe besteht.
- Ausrüstungsgegenstände sind nicht länger Pflicht, um in die neue Karriere aufsteigen zu können. Sie sind nur noch empfohlen. Allerdings wird man einen Hexenjäger ohne Hut oder einen Sigmarpriester ohne Hammer wahrscheinlich nicht ernst nehmen.
Korruption
Das alte System der Wahnsinnspunkte wurde durch das Korruptionspunktesystem ersetzt. Es fokussiert sich weniger auf ein Cthulhu-artiges langsames Wahnsinnigwerden des Charakters als auf den Weg zum Chaos, der durch Kontakt mit Kreaturen des Chaos oder schrecklichen Ereignissen ausgelöst wird.
Erleichterung bei Proben
Standardwürfe wurden um 20% erleichtert. Bedenkt man, dass ein Anfängercharakter im Schnitt Werte im Bereich zwischen 25 und 35 Prozent hat, was auch der Erfolgschance entspricht, ist diese Entscheidung nachvollziehbar. Der brutale Schwierigkeitsgrad wurde insgesamt etwas erleichtert.
Kämpfe
Die zwei wichtigsten Änderungen sind für mich die Einführung des Vergleichenden Wurfs und das Vorteil-System. Ich persönlich begrüße diese Neuerungen. Es gibt jedoch einige, die insbesondere das Vorteil-System nicht so gut finden.
Vergleichender Wurf
Griff man in der zweiten Edition an, würfelte man vereinfacht gesagt, auf das eigene Kampfgeschick und traf entweder, oder eben nicht. Kämpften zwei Unfähige gegeneinander, konnte dies lange dauern, da sie beide ständig daneben schlugen. Dieses Problem erhielt im englischsprachigen Raum den Spitznamen „Whiff-Factor“, vom Geräusch eines vorbeisausenden Schwerts. Gelöst wurde dies, in dem nun beide Parteien gegeneinander Würfeln. Verkürzt erklärt gewinnt nun einfach der, der besser gewürfelt hat. Ein besserer Wert steigert hier natürlich weiterhin die Chance. Dieses System wird nicht nur bei Kämpfen angewandt sondern bei allen Würfen, die gegeneinander gehen, so auch bei sozialen Proben, zum Beispiel Charme gegen Besonnenheit.
Vorteil
Jedes Mal, wenn einen Charakter eine Aktion im Kampf gelingt, erhält dieser Vorteil. Dieser drückt sich als 10% Bonus auf alle zukünftigen Kampfaktionen aus! Dieser Vorteil kann sich immer weiter aufbauen, je nachdem ob ihr in Eurer Runde ein Limit für Vorteil eingeführt habt, oder nicht. Wird der Charakter getroffen, verliert er sofort sämtliche Vorteilspunkte.
Mehr dazu hier: http://www.pnprpg.de/2020/10/wfrp4-deutsch-vorteil.html
Kritische Treffer
Anders als in der zweiten Edition erhält man kritische Treffer nicht nur, wenn die Lebenspunkte auf 0 sinken, sondern auch, wenn der Gegner im Kampf einen erfolgreichen Pasch würfelt. Bei einem Kampfgeschick von 49 wären 11, 22, 33, 44 beispielsweise erfolgreich, ab 55 sind es stattdessen Patzer. Dies macht Kämpfe folgenreicher. Um dies etwas abzufedern, ist es erlaubt, statt den Kritischen Treffer zu kassieren, einen Rüstungspunkt an der betroffenen Stelle zu verlieren, sofern vorhanden (S. 299)
Mehr dazu hier: http://www.pnprpg.de/2020/01/wfrp-verletzungen-und-tod.html
Fazit
Die vierte Edition versucht, Probleme der zweiten zu lösen und Kämpfe krasser und aufregender zu machen. Gleichzeitig ist sie sehr nah an der zweiten Edition gehalten, um alte Fans nicht zu vergrätzen. Ich persönlich spiele sie seit Erscheinen 2018 und halte sie unterm Strich für die beste, die es bisher gibt.
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